Einleitung
Die anatomischen Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern und die Ausbildung dieser Unterschiede ist größtenteils hormonell gesteuert. Es stellt sich die Frage, wie weit die Einflüsse der Hormone reichen und welche Unterschiede noch durch sie verursacht werden. Doch zunächst einmal zu der Frage: Was ist eigentlich ein Hormon? Ein Hormon ist ein essentieller biochemischer Botenstoff, welcher von spezialisierten Zellen gebildet und in ihre Umgebung abgegeben wird. Nach der Abgabe kann ein Hormon durch Diffusion oder über die Blutbahn sein Ziel erreichen und ist dort bereits in sehr geringen Konzentrationen wirksam.
Hormonsysteme
Man unterscheidet zwischen 3 verschiedenen Hormonsytemen.
Abb.1 wichtige Organe des endokrines System
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Zunächst einmal gibt es das sogenannte endokrine System, welches durch in die Blutbahn abgegebene Hormone entfernte Organe oder periphere endokrine Drüsen steuert. Das endokrine System ist sehr nah an das neurokrine System gekoppelt, weshalb man häufig auch vom neuroendokrinen System spricht. Im neurokrinen System sind die Hormone dabei die Informationsträger der neuronalen Übertragung. Zuletzt ist noch das autokrin-parakrine System zu nennen, bei dem eine Zelle Hormone absondert, welche Nachbarzellen oder auch die Zelle selbst steuern können.
In der Abbildung 1 sehen wir eine Übersicht über die wichtigsten Organe des endokrinen Systems. Als Organ von übergeordneter Rolle ist hier der Hypothalamus und die Hypophyse zu nennen, da diese die Hormonkonzentration und Sekretion in den anderen Organen wie Niere, Leber und den Gonaden mit regulieren.
Hormonklassifizierung
Hormone lassen sich nach 4 verschiedenen Kriterien klassifizieren. Nach dem Bildungsort, dem Ursprungsorgan, der Wirkung und Funktion und der chemischen
Struktur. Bei der Klassifizierung nach dem Ursprungsort werden die Hormone nach dem Gewebstyp, in dem sie gebildet werden, benannt wie hier die neurosekretorischen Hormone im Nervengewebe. Bei der Klassifizierung nach dem Ursprungsorgan ist das Organ, in dem die Hormone gebildet werden, namensgebend wie hier bei den Pankreashormonen. Für die nach Wirkung und Funktion klassifizierten und benannten Hormone wie die im Hpothalamus gebildeten Inhibitions- und Releasinghormone nenne ich hier die Beispiele Gonadotropin-Releasing-Hormon für ein Releasinghormong und Somatotropin-Inhibitor-Hormon
für ein Inhibitionshormon.
Bei der Chemischen Struktur unterscheidet man 5 verschiedene Typen:
1. Peptidhormone
2. Glykoproteine
3. von Aminosäuren abgeleitete Hormone
4. von ungesättigten Fettsäuren abgeleitete Hormone
5. Steroidhormone
Rezeptortypen
Von besonderer Bedeutung für das Thema Sexualhormone sind die lipophilen Steroidhormone.
Für den Transport über das Blut werden Steroide in der Regel reversibel an Trägerproteine (z.B. Sex-Hormone-Binding Globuline = SHBG) gebunden, welche in der Leber gebildet werden. Ohne diese Bindung an Trägerproteine liegen weniger als 1% der Steroidhormone im Blut vor. An ihrem Ziel angekommen binden Hormone an entsprechende Rezeptoren. Grundlegend unterscheidet man zwischen zwei verschiedenen Typen von Rezeptoren:
Membrangebundene Rezeptoren und intrazelluläre Rezeptoren (Abb. 2).
Steroidhormone binden an intrazelluläre Rezeptoren. Aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften sind sie dazu in der Lage, durch die Membran einer Zelle hindurch zu diffundieren und hier an den Rezeptor zu binden. Der Rezeptor verändert dadurch seine Konfiguration und der Hormon- Rezeptor-Komplex kann im Nucleus an die DNA binden, die Transkription einleiten und so seine Wirkung entfalten.
Abb.3 geschlechtsunspezifische Hormone, GnRH=Gonadotropin-Releasing-Hormone, FH=Follikelstimulierendes-Hormon, LH=Luteinisierendes-Hormon
Sexualhormone
Zu den Steroidhormonen werden auch die Sexualhormone gezählt. Man unterscheidet hierbei zwischen geschlechtsunspezifischen und geschlechtsspezifischen Sexualhormonen. Geschlechtsunspezifische Sexualhormone dienen der Steuerung der Synthese von geschlechtsspezifischen Sexualhormonen, haben jedoch keinen direkten Einfluss auf die Ausbildung von geschlechtsspezifischen Merkmalen. Geschlechtsspezifische Sexualhormone steuern dagegen direkt die Ausbildung der typisch männlichen und der typisch weiblichen Merkmale.
Zu den geschlechtsunspezifischen Sexualhormonen (Abb. 3) werden das Hypothalamushormon Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) und die Hypophysenvorderlappenhormone Follikelstimulierendes-Hormon (FSH) und Luteinisierendes-Hormon (LH) gezählt. GnRH steuert und stimuliert dabei die Synthese und Sekretion von FSH und LH in der Hypophyse.
FSH stimuliert bei beiden Geschlechtern in den Gonaden die Reifung der Urkeimzellen. LH fördert bei der Frau den Eisprung und das Wachstum des Gelbkörpers und indirekt über eine Steigerung der Testosteronsynthese auch die Östrogenproduktion. Hier kann man bereits erkennen, dass Testosteron in Östrogen umgewandelt werden kann. Beim Mann stimuliert LH ebenfalls die Synthese von Testosteron, welches wiederum die Spermatogenese steuert.
Bei den geschlechtsspezifischen Sexualhormonen (Abb. 4) unterscheidet man zwischen Androgenen, Gestagenen und Estrogenen. Androgene sind für ihre virilisierende Wirkung bekannt, das heißt, sie führen zur Ausprägung typisch männlicher Merkmale. Die bekanntesten Vertreter sind Testosteron und sein Derivat Dihydrotestosteron. Estrogene haben dagegen eine feminisierende Wirkung. Hier sind die bekanntesten Vertreter Estradiol, Estron und Estriol. Gestagene wie zum Beispiel Progesteron regeln die Reproduktionsvorgänge bei der Frau.
Genitalentwicklung
Abb.5 Genitalentwicklung
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Die virilisierende bzw. feminisierende Wirkung der geschlechtsspezifischen Sexualhormone entfaltet sich erst ab der 8. Embryonalwoche. Davor ist das Geschlecht des Embryos nur genetisch festgelegt, die Gonaden sind jedoch noch bipotent (Abb. 5).
Von der 8. bis 12. Embryonalwoche differenzieren sich dann die äußeren und inneren Geschlechtsmerkmale aus. Ist das genetische Geschlecht XY wird die sexual-determinign-region-of-Y, auch SRY genannt, auf dem Y-Chromosom aktiv und sorgt für die ausdifferenzierung der Gonaden zu Hoden. In den Hoden wird Testosteron gebildet, was wiederum die Anlage der Wolffschen Gänge (Samenleiter, Samenblase, Prostata) induziert. Das Derivat Dihydrotestosteron (DHT) stimuliert daraufhin die Ausbildung der äußeren Geschlechtsmerkmale. Außerdem bildet der Hoden Anti-Müller-Hormon (AMH), welches zur aktiven Rückbildung der Müllerschen Gänge führt. Ist das genetische Geschlecht XX, kann kein SRY aktiv werden und somit kommt es zu einer passiven Rückbildung der Wolffschen Gänge. In Abwesenheit von SRY entwickeln sich die Gonaden zu Ovarien, welche Östradiol synthetisieren und damit die Anlagen der Müllerschen Gänge (Eileiter, Uterus, Vagina) fördern. Ohne das Testosteron-Derivat DHT bilden die äußeren Geschlechtsmerkmale weibliche Formen aus.
Es gibt verschiedene Krankheiten, welche aus Fehlern in diesem System resultieren. Hierzu gehören unter anderem „complete androgen insensivity syndrome“ CAIS beziehungsweise „partial androgen insensivity syndrome“ PAIS und „hypogonadotrotic hypogonadism“ HH. Bei CAIS/PAIS sind die Rezeptoren für Androgene defekt und die Androgene können daher ihrer Steuerungsfunktion nicht mehr nachkommen, obwohl sie gebildet werden. Daher ist die Ausbildung der männlichen Geschlechtsmerkmale hier stark gestört und es bilden sich äußerlich weibliche Geschlechtsmerkmale aus. Der Hoden wird aber noch gebildet und das AMH reprimiert die Ausbildung der inneren weiblichen Geschlechtsorgane. Bei „hypogonadotrotic hypogonadism“ wird zu wenig GnRH gebildet und daher wird das Wachstum der Gonaden unzureichend stimuliert. Die Geschlechtsorgane sind zwar grundsätzlich funktionsfähig, doch die Regulation der Reproduktion ist beeinträchtigt.
Sexualdimorphismus
Bisher ging es um die Unterschiede bei der Entwicklung der Geschlechter und ihrer anatomischen Merkmale. Nun komme ich zu Bereichen des Sexualdimorphismus, welche in Studien wiederholt diskutiert wurden und nicht direkt mit den anatomischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern zu tun haben. Hierfür beschränke ich mich auf die Bereiche Immunsystem, den Einfluss von Östrogen auf das Gedächtnis, die geschlechterspezifische Wahrnehmung und auf Gehirn und Verhalten, da das Thema sehr Umfangreich sein kann.
Immunsystem
Im Fall des Immunsystems sind die Sexualhormone an der Regulation fast aller Organsysteme beteiligt. Das geschieht entweder direkt über die hormonelle Regulation der entsprechenden Immunorgane, oder indirekt über Einflüsse der Hormone auf nachgeschaltete Systeme, welche die Immunantwort beeinflussen können, wie zum Beispiel das ZNS.
Aufgrund der unterschiedlichen Konzentration der verschiedenen Sexualhormone bei den Geschlechtern kommt es bei Mann und Frau zu unterschiedlich starken Einflüssen auf die Immunantwort und ihre Effizienz.
Es zeigen sich große Unterschiede zwischen dem Immunsystem der beiden Geschlechter. Wie man anhand der Tabelle (Abb. 6) erkennen kann, ist die Immunaktivität bei der Frau stärker ausgeprägt als bei dem Mann, sowohl bei der zellulären als auch bei der humoralen Immunantwort. Sie besitzen weitaus mehr Immunglobuline und zeigen eine höhere Resistenz gegenüber Bakterien, Vieren und Parasiten als Männer und wenn ihnen Transplantate einpflanzt, ist die Abstoßungsreaktion bei Frauen vehementer als bei Männer.
Laut der Statistik leiden Männer deutlich mehr an Krebserkrankungen als Frauen, leiden aber weniger häufig an Autoimmunerkrankungen, d.h. der männliche Körper neigt weniger an überschießende Reaktionen des Immunsystems gegen körpereigenes Gewebe. Dies liegt an den Auswirkungen des Hormons Testosteron, da Testosteron immunsuppressiv wirkt. Bei der Frau wirkt sich hauptsächlich der große Einfluss von Östrogen auf das Immunsystem aus. Beispielsweise bewirkt eine hohe Konzentration von Östrogen bei Killerzellen eine Stimulation, während eine niedrige Östrogenkonzentration eine Inhibition der Killerzellen bewirkt. Östrogen stimuliert außerdem die Phagozytose bei Makrophagen und bei B-Zellen die Antikörperproduktion.
Estrogen-Gedächtnisleistung bei Ratten
Häufig wird Östrogen auch ein Einfluss auf die Gedächtnisleistungen nachgesagt. In einem Experiment, in dem Ratten verschiedene Labyrinthe überwinden mussten, wurden den Tieren ovarielle Steroide (Östrogene) injiziert. Kurz nach der Injektion zeigten die Tiere weniger Fehler beim durchqueren des Labyrinths im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dies war ein Indiz für verbesserten Erwerb und verbesserte Aufnahme von Informationen und daraus resultierend einer besseren räumlichen Orientierung durch das Östrogen. Setzte man die Tiere längere Zeit nach der Injektion wiederum in die Labyrinthe, so stieg die Fehlerquote im Vergleich zur Kontrollgruppe jedoch wieder auf ein Normalmaß an. Östrogen zeigte also nur kurz nach der Injektion positive Einflüsse auf die Gedächtnisleistung, langfristig zeigte sich jedoch keine verbesserte Gedächtnisleistung.
Führte man einen ähnlichen Versuch mit Makaken durch, konnte der Effekt des Östrogens, wie er bei Ratten beobachtet wurde, nicht bestätigt werden, von daher bleibt es fraglich, welche Auswirkungen eine erhöhte Estrogen-Konzentration auf die menschliche Gedächtnisleistung hat. In der Literatur existieren kaum Berichte über die Auswirkungen von testikulären Steroiden auf das Gedächtnis, was eine Lücke in der Forschung darstellt.
Wahrnehmung
Dennoch lässt sich auf dieser Grundlage ein Einfluss der Sexualhormone auf die Wahrnehmung vermuten. Bei Untersuchungen stellte sich heraus, dass Männer eine Präferenz für allgemeine Informationen besitzen und die aufgenommenen Informationen strukturiert verarbeiten. Das heißt Informationen wurden Punkt für Punkt verarbeitet. Frauen dagegen besaßen eine Präferenz für Details und konnten mehrere Informationen parallel aufnehmen und verarbeiten. Anhand eines Beispieles lässt sich die Wahrnehmung beider Geschlechter verdeutlichen. Sollen Männer anderen Personen den Weg zu einem ihnen bekannten Ziel beschreiben, so erklärten sie diesen anhand allgemeiner Informationen wie Himmelsrichtung und Stadtvierteln, nutzten also allozentrische Strategien. Stellte man Frauen vor die gleiche Aufgabe, so erklärten sie den Weg anhand wahrgenommener Details auf dem Weg wie bestimmten Läden und auffälligen Häusern und erklärten damit den Weg aus einer egozentrischen Perspektive. Um zu bestimmen, ob diese Unterschiede bei der Wahrnehmung hormonell bedingt sind, wurden die Experimente mit maskulinisierten Frauen und kastrierten Männern wiederholt. Das Ergebnis war, dass maskulinisierte Frauen sich den Präferenzen normaler Männer annäherten und kastrierte Männer die Strategien normaler Frauen nutzten.
Ein weiterer Teil des Experiments bestand darin, dass die Geschlechter gezwungen wurden, die Strategien des anderen Geschlechts zu nutzen. Dabei übertrafen Frauen die Männer und zeigten
deutlich mehr Flexibilität. Außerdem stellte es sich heraus, dass die gewählten Strategien bei Frauen während des Menstruationszyklus variierten. Das heißt, dass Frauen bei einem höheren Östrogenspiegel zum Beispiel zu egozentrischen Strategien neigten als Frauen mit einem niedrigeren Östrogenspiegel.
Gehirn und Verhalten
Ein weiterer Einfluss von Sexualhormonen lässt sich anhand eines Experiments an Ratten verdeutlichen. Das Verhalten normaler Ratten kann anhand des unteren Bildes verdeutlicht werden. Weibliche Ratten neigen beim Geschlechtsverkehr dazu, den Rücken durchzubiegen, während das Männchen sie besteigt. Um den Einfluss der Sexualhormone auf dieses Verhalten zu untersuchen, wurde zunächst weiblichen Ratten Testosteron injiziert. Das Ergebnis war, dass sie vermehrt ihr typisch weibliches Verhalten ablegten und begannen, andere Artgenossen zu besteigen. Kastrierte man dagegen männliche Ratten bei der Geburt, so zeigten sie vermehrt weibliche Verhaltensweisen und bogen beim „Geschlechtsverkehr“ ihren Rücken durch. Untersucht man das Gehirn von Ratten, so kann man einen Bereich erkennen, der bei männlichen Ratten größer ausgebildet ist als bei weiblichen Ratten. Dieser Bereich nennt sich „sexually dimorphic nucleus of the preoptic area“ kurz SDN-POA. Untersuchte man nun das Gehirn von Weibchen nach Gabe von Testosteron, so besaß ihr Gehirn einen vergrößerten und damit typisch-männlichen SDN-POA. Bei Weibchen, denen die Ovarien entfernt wurden, war der SDN-POA dagegen normal ausgebildet. Untersuchte man dagegen kastrierte Männchen, so zeigte sich, dass der SDN-POA kleiner war, sich also dem weiblicher Tiere annäherte. Man konnte also einen deutlichen Einfluss von Testosteron auf das Verhalten feststellen.
Verblüffend war dagegen, dass weibliche Tiere, denen zusätzlich Östrogen gespritzt wurde, ebenfalls ein typisch männliches Verhalten zeigten und bei näherer Untersuchung auch einen typisch männlich ausgeprägten SDN-POA besaßen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass Testosteron zunächst in Östrogen umgewandelt wird und erst auf diesem Weg das typisch-männliche Verhalten auslöst. Dass ähnliche Versuche nicht beim Menschen gemacht werden können, versteht sich von selbst. Daher erkläre ich den Einfluss von Sexualhormonen anhand von zwei Beispielen:
Den Kinderspielen und den häufig in diesem Kontext genannten kognitiven Fähigkeiten.
Zunächst die Kinderspiele:
Man beobachtet oft, dass Jungen vermehrt mit Bauklötzen, Spielzeugautos und Waffen spielen, währen Mädchen eher zu Puppen, Küchenzubehör und Kosmetik tendieren. Außerdem sind Jungen häufig körperlich aktiver und beide Geschlechter präferieren Spielpartner aus dem eigenen Geschlecht. Diese Unterschiede können bereits sehr früh beobachtet werden und wachsen im Laufe der Zeit. Man könnte diese Differenzen auf soziale Gründe wie Erziehung und Vorbildfunktion der Eltern zurückführen, aber es gibt durchaus Indizien für hormonelle Einflüsse.
Beobachtet man Mädchen, deren Mütter während der Schwangerschaft androgene Hormone zu sich nahmen, oder Mädchen mit der Stoffwechselerkrankung Androgenitales Syndrom, welche zu einer Vermännlichung der Mädchen führt, kann man beobachten, dass diese Mädchen vermehrt wie „normale“ Jungen spielten, obwohl die Eltern versuchten, sie wie normale Mädchen zu erziehen.
Nun zu den kognitiven Fähigkeiten:
Um zunächst mit Vorurteilen aufzuräumen: Es gibt keine Intelligenzunterschiede zwischen den Geschlechtern, weder zugunsten der Männer, noch zugunsten der Frauen. Dennoch können Unterschiede in bestimmten kognitiven Fähigkeiten festgestellt werden. Dazu gehören unter anderem die räumliche Orientierung, die mathematischen und die verbalen Fähigkeiten.
Bei der räumlichen Orientierung unterscheidet man zwischen drei Bereichen: Der mentalen Rotation, der räumlichen Wahrnehmung und der Veranschaulichung.
Bei der mentalen Rotation geht es darum, ein Objekt aus unterschiedlichen Perspektiven zu identifizieren. Hier schneiden Männer im Schnitt viel besser ab als Frauen. Bei der räumlichen Wahrnehmung geht es darum, ein Objekt in Bezug zur eigenen Person richtig anzuordnen. Auch hier zeigten Männer im Schnitt die deutlich besseren Ergebnisse auf. Bei der Veranschaulichung geht es darum, ein Muster in einem komplexen Zusammenhang wiederzuerkennen. Hier sind jedoch keine nennenswerten Unterschiede zwischen Mann und Frau zu erkennen, was jedoch in der Populärwissenschaft oft anders dargestellt wird. In wieweit diese Fähigkeiten hormonell beeinflusst werden, kann nicht eindeutig beantwortet werden, da die durchgeführten Studien zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kamen, welche sich teilweise sogar widersprachen.
Die mathematischen Fähigkeiten sind bei beiden Geschlechtern gleich gut ausgebildet, auch wenn kleine Unterschiede auf dem Weg zur Problemlösung existieren. Für diese Unterschiede kann
jedoch kein Nachweis eines hormonellen Einflusses erbracht werden.
Zuletzt bleiben die verbalen Fähigkeiten.
Auch hier zeigte eine Metaanalyse, dass die Fähigkeiten bei beiden Geschlechtern gleich gut ausgebildet sind. Auch hier können kleine Unterschiede festgestellt werden, welche jedoch nicht gegeneinander aufgewogen werden können. So sind Männer besser, wenn es um Analogien geht, während Frauen einen besseren Sprachfluss aufweisen. Zwar entwickeln Mädchen im Schnitt früher ein größeres Vokabular, dieser Vorteil gleicht sich jedoch mit zunehmendem Alter aus. Im Jahr 1988 wurden Studien zu den kognitiven Fähigkeiten aus früheren Jahrgängen miteinander verglichen und es zeigte sich, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen zwischen 1940 und 1980 um über die Hälfte weniger wurden. Gründe dafür könnten soziale und schulische Veränderungen sein oder Fehler in älteren Studien aufgrund von Vorurteilen.
Inwieweit der verbleibende Unterschied hormonell bedingt ist, bleibt allerdings abzuwarten, da auch 1988 noch große soziale Unterschiede bei der Behandlung von Männern und Frauen
existierten.
Anmerkung: Es ist mir bewusst, dass es sich hier um ein kontroverses Thema handelt, welches immer wieder Anlass zu Diskussionen gibt. Es liegt nicht in meiner Absicht, ein Geschlecht in irgendeiner Weise zu diskriminieren. Sollte jemand neuere glaubhafte Studien zu dem Thema kennen oder Fehler in dem Text finden, so bitte ich um eine Nachricht über das Kontaktformular.
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