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Ameisenfarm: Umzug, Brutverhalten und Nest-Etikette

Arbeiterinnen helfen Ameise beim Schlüpfen aus Kokon

Seit meinem letzten Bericht hat sich so einiges getan. Meine kleine Ameisenkolonie ist kräftig gewachsen und auch sonst gibt es einiges zu berichten.

Zum Zeitpunkt des letzten Berichts hatten sich meine Kleinen ja seltsamerweise im Schlauch einquartiert, aber bereits 2 Tage nach meinem letzten Bericht entschieden sie sich dazu, doch in das von mir vorbereitete Gipsnest umzuziehen.

Zunächst machten sie es sich in der dem Eingang nächstgelegenen Kammer bequem, doch nach einigen Tagen zogen sie in eine tiefer gelegene Kammer um.

Bereits in einem meiner vorherigen Artikel hatte ich davon berichtet, dass die Ameisen Sand dazu nutzten, um Fugen in der Nähe des Schlauchanschlusses, die zwischen dem Nest und der Glasscheibe bestanden, zu verschließen. Schon vor dem Umzug in das Nest begannen sie auch damit, die Fugen, die in den Kammern des Nests zwischen Scheibe und Gips bestanden, auf diese Weise abzudichten und ihre neue Wohnung so zu renovieren.

Brutverhalten

Nach dem Umzug häuften sich im Laufe der nächsten Wochen recht bald immer mehr Larven und Puppen im Nest an, wobei ich feststellte, dass die Ameisen auch weiterhin dazu neigten, die Larven und Puppen zu bestimmten Zeiten aus dem Nest heraus und manchmal auch in den Schlauch zu befördern. Morgens, nachdem ich ins Zimmer komme, befinden sich zumeist noch alle Tiere, Larven und Puppen im Nest, doch bereits kurz danach beginnen sie nach einer gewissen Zeit damit, die Larven und Puppen nach oben zu transportieren, wobei sie sie meist im noch mit einer Plastikkappe verschlossenen blind endenden zweiten Schlauchanschluss zu lagern. Manchmal kommt es dann über den Tag dazu, dass der Nachwuchs später am Tag, gegen Mittag, nochmals umgelagert und in den Schlauch transportiert wird, bevor er abends zurück in das Nest transportiert wird.

Nach längerer Beobachtung gehe ich inzwischen davon aus, dass das morgendliche Ansteigen der Zimmertemperatur für den Transport in die Nähe der dünnen Plastikkappe verantwortlich ist, da dort ein schnellerer Temperaturanstieg und damit bessere Brutbedingungen herrschen. Ist der Tag dann besonders warm, strahlt der Schlauch vermutlich aus allen Richtungen die Wärme ab und bietet so noch bessere Brutbedingungen.

Entwicklung der Ameisen

Ameisennest mit aufgrund von polymorphismus unterschiedlich großen Puppen

Die Puppen in der unteren rechten Kammer weisen aufgrund von Polymorphismus deutliche Größenunterschiede auf.


Die Entwicklung der Ameisen erfolgt dabei von den Eiern, über die Larven, das einzige Stadium in dem die Ameisen wachsen, zu den Puppen, aus denen dann die Ameisen schlüpfen. Bei den Puppen ist bereits erkennbar, dass es deutliche Größenunterschiede gibt. Einige Puppen sind bestimmt doppelt so groß wie andere. Dieser Polymorphismus der Ameisen führt zu Arbeiterinnen mit Körpern, die sich je nach Aufgabengebiet in der Körpergröße und einigen Fällen auch in der Körperform unterscheiden. So kann zum Beispiel eine Arbeiterin, deren hauptsächliches Aufgabengebiet die Versorgung der Brut ist, einen anderen Körperbau aufweisen als eine Arbeiterin, deren hauptsächliches Aufgabengebiet die Verteidigung des Nests oder die Suche nach Nahrung ist. Allerdings bedeuten diese Unterschiede in der Körpergröße und des Körperbaus nicht zwangsweise, dass die Arbeiterrinnen nur noch diese Aufgabe haben. Es bedeutet nur eine Optimierung und eine Verlagerung des Aufgabenschwerpunktes auf dieses Aufgabengebiet. Bei den meisten Ameisenarten können die Arbeiterrinnen trotzdem alle Aufgaben im Ameisennest erfüllen. Zudem finden sich Polymorphismus auch nicht bei allen Ameisenarten, viele Ameisenarten haben nur einen Typ Arbeiterrinnen.



Bereits einige Zeit vor dem Schlüpfen einer Ameisenpuppe kann ich bei meinen Ameisen deutlich den Körperbau und die Farbe der Cutikula durch die Hülle der Puppe hindurchscheinen sehen. Ist es dann mit dem Schlüpfen so weit, helfen mehrere Arbeiterinnen dabei, die schlüpfende Ameise zunächst grob von ihrer Puppenhülle zu befreien und reinigen den Neuankömmling im Anschluss fein säuberlich auch von den letzten Resten der Hülle. Erst ganz gegen Ende, wenn die Ameise vollständig gereinigt ist, beginnt sie damit, sich selbstständig zu bewegen. In den Videos könnt Ihr erkennen, dass der Neuankömmling sich während der Reinigung lange Zeit nicht zu bewegen scheint, obwohl rein optisch gar keine Reste der Hülle mehr erkennbar sind. Als der Neuankömmling im zweiten Video beginnt, sich zu bewegen und die ersten Schritte macht, scheint er sogar etwas zu stolpern und noch etwas unsicher auf den Beinen zu sein. Wie in den Videos ebenfalls erkennbar ist, ist die Farbe der frisch geschlüpften Ameise im Vergleich zu den anderen Tieren noch relativ hell. Die Farbe dunkelt immer im Lauf der Tage nach dem Schlüpfen nach, bis sie die für die Art typische Farbe erreicht.

Inzwischen ist die Anzahl der Ameisen in meiner kleinen Kolonie auf über 50 Tiere angewachsen und langsam wird es immer voller.

Hygiene

Meine wachsende Kolonie hat mir inzwischen mit dem Anlegen einer eigenen kleinen Mülldeponie, auf der die Arbeiterinnen Reste der Insekten entsorgen, auch deutlich die den Ameisen so häufig nachgesagte Reinlichkeit bewiesen.

Aufsicht Ameisennest

In der unteren linken Kammer ist deutlich ein dunkler Fleck zu erkennen.

Allerdings bildete sich schon recht früh nach dem Einzug der Ameisen eine dunkle Stelle in einer der unteren Ecken des Nestes, die verdächtig nach Schimmel aussieht. Die Feuchtigkeit im Nest könnte diesen Schimmel auch tatsächlich begünstigen. Allerdings habe ich mich lange gefragt, wovon sich der Schimmel ernährt, speziell da er ganz zu Anfang auf purem Gips zu entstehen schien, mit dem nur die Ameisen und etwas Wasser in Kontakt gekommen war.

Vor kurzem bin ich nun auf etwas gestoßen, was dieses Phänomen erklären könnte. Viele Ameisenhalter kennen den Trick, dass mit Hilfe von Lebensmittelfarbe der durchsichtige Sozialmagen und damit die Ameisen selbst angefärbet werden können. In einer Publikation bin ich nun auf eine andere Nutzung von Lebensmittelfarbe gestoßen. Die Wissenschaftler der Universität Regensburg nutzten Lebensmittelfarbe ebenfalls um Ameisen zu füttern und setzten sie in Gipsnester. Dabei stellten sie fest, dass sich in bestimmten Ecken des Gipsnestes nach einiger Zeit Lebensmittelfarbe ansammelte. Dies waren die Stellen, an denen die Ameisen auf die Toilette gingen. Allerdings gingen die Ameisen dabei nicht willkürlich vor, sondern entleerten Ihren Darm immer in denselben Ecken ihres Nestes. Sie legten sozusagen Toiletten an!

Lebensmittelfarbe als Indikator für Ameisentoiletten

Lebensmittelfarbe als Indikator für Ameisentoiletten. Die farbigen Ecken der kleinen Gipsnester visualisieren, wo die Ameisen ihr Geschäft verrichten. Quelle: Czaczkes et al 2015 (in PLOS ONE) – Nest Etiquette—Where Ants Go When Nature Calls.

Habe ich mit der schwarzen Stelle im Nest meiner Ameisenkolonie womöglich die Toilette entdeckt?

Ich werde wohl demnächst für eine Weile Zuckerwasser mit Lebensmittelfarbe verfüttern müssen!

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